31.05.2023
Zum 60-jährigen Jubiläum 2013 war Erik Spiekermann Sprecher bei der Zweiten Deutschen Designdebatte in der Frankfurter Paulskirche. Foto: Rat für Formgebung / Ulrich Schepp
Zum 70-jährigen Bestehen lädt der Rat für Formgebung am Donnerstag, den 22. Juni 2023, zur international besetzten Veranstaltung "Creating Community. Dritte Deutsche Designdebatte" in die Frankfurter Paulskirche ein. Mit der Veranstaltung werden Kollaborationen und interdisziplinäre Vernetzung, die für Designprozesse eine immer wichtiger werdende Rolle spielen, gewürdigt.
Seit nunmehr 70 Jahren trägt die Stiftung Rat für Formgebung mit Sitz in Frankfurt am Main in allen Bereichen des Designprozesses zu dessen Kommunikation, Wissenstransfer, Vernetzung und Förderung bei. Weltweit sind zahlreiche Initiativen, Konzepte und Formate entstanden, die Design mit Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik verbinden.
"Design leistet in allen denkbaren Lebensbereichen einen Beitrag, um die Welt lebenswerter zu machen, sei es nachhaltiger, lesbarer, inklusiver oder demokratischer. Wann immer Neues in die Welt kommt, ist Design involviert. Als hinterfragende Disziplin denkt es über Systeme nach, bevor wir als Nutzer von seinen Lösungen profitieren. Es macht Mögliches greifbar und kann Akzeptanz für Veränderung schaffen. In dieser ganzheitlichen Perspektive trägt es auch dazu bei, Gemeinschaft zu fördern. Mit dem Jubiläum möchten wir Formen der Kollaboration und des interdisziplinären Arbeitens unter dem Thema 'Creating Community' feiern und diskutieren. Wir alle bewegen uns in einer vieldimensionalen Transformation, die mit Mitteln des Designs gestaltet wird. Ich freue mich auf international renommierte Gäste aus unterschiedlichen Disziplinen, die über die Kraft von Designprozessen für die Gestaltung unserer Zukunft sprechen werden", so Lutz Dietzold, Geschäftsführer des Rat für Formgebung.
Teilnehmen werden Kollektive und Persönlichkeiten, die mit ihrer Arbeit gesellschaftliche und wirtschaftliche Änderungen herbeiführen. Sie werden über die Kernbereiche, mit denen der Rat für Formgebung seit seiner Gründung befasst ist – Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Bildung – reflektieren und ihre Visionen für eine lebenswerte und gerechtere Zukunft präsentieren. Disziplinenübergreifendes Arbeiten, das Bündeln vieler Kompetenzen und das stetige Wachsen von Netzwerken sind Beispiele dafür, dass über die vergangenen Jahre ein Paradigmenwechsel zu beobachten ist: Lösungen, Konzepte und Produkte, die von Kollektiven, in Kollaborationen, in Teams oder über Kooperationen entstehen, erfahren eine immer höhere Dringlichkeit, Sichtbarkeit und Anerkennung. Mit der Debatte möchte der Rat für Formgebung diese Entwicklungen fokussieren und die verbindenden und für Veränderungen grundlegenden Eigenschaften aus dem weiten Feld des Designs offenlegen. Herzlich eingeladen bei freiem Eintritt sind alle interessierten Bürger, Designer, Unternehmer, Kultur- und Kunstschaffende und Studenten.
Professorin Kate Crawford ist eine international führende Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der sozialen Auswirkungen der künstlichen Intelligenz. Sie ist Forschungsprofessorin an der USC Annenberg in Los Angeles, Senior Principal Researcher bei MSR in New York, Honorarprofessorin an der University of Sydney und Inhaberin des ersten Gastlehrstuhls für KI und Justiz an der École Normale Supérieure in Paris. Ihr jüngstes Buch, "Atlas of AI" (Yale, 2021), wurde u. a. mit dem Sally Hacker Prize der Society for the History of Technology und von New Scientist und der Financial Times zu einem der besten Bücher des Jahres 2021 gekürt. In ihrer 20-jährigen Forschungskarriere hat sie bahnbrechende kreative Kollaborationen und visuelle Untersuchungen durchgeführt.
Ihr Projekt "Anatomy of an AI System" mit Vladan Joler befindet sich in der ständigen Sammlung des Museum of Modern Art in New York und des Victoria & Albert in London. Ihre Zusammenarbeit mit dem Künstler Trevor Paglen, Excavating AI, wurde mit dem Ayrton Prize der British Society for the History of Science ausgezeichnet. Sie hat politische Entscheidungsträger bei den Vereinten Nationen, im Weißen Haus und im Europäischen Parlament beraten und leitet derzeit das Knowing Machines Project, eine internationale Forschungskooperation, die die Grundlagen des maschinellen Lernens untersucht.
Sunny Dolat ist angesehener Kulturproduzent, Kreativdirektor und Modekurator. Als Mitbegründer des Nest Collective fördert er aktiv Kunst und Kultur in Kenia. Er beschäftigt sich mit sozialen und politischen Herausforderungen auf dem Kontinent und befasst sich insbesondere in seiner Arbeit mit der Rolle Afrikas in globalen und kulturellen Debatten und Dialogen. Dolat arbeitet in unterschiedlichen Funktionen in der Kreativ- und Kulturindustrie in Ostafrika und engagiert sich in zahlreichen Beratungsgremien. Er war als Creative Strategy Manager beim HEVA Fund tätig, dem erstem Förderinstrument der Kreativwirtschaft dieser Art auf dem afrikanischen Kontinent. Darüber hinaus engagiert er sich im Programm SheTrades in the Commonwealth des International Trade Centre, mit Schwerpunkt in den Bereichen Mode und Interior Design.
Zuletzt war Dolat Mitglied des Kuratorenteams, das die Ausstellung "Africa Fashion" im Victoria and Albert Museum in London erarbeitet hat, und stellte mit dem Kollektiv auf der documenta 15 aus. Derzeit lebt er in Nairobi, Kenia.
John Maeda ist führender US-amerikanischer Technologe im Bereich der Produkterfahrung für Verbraucher und Unternehmen. Früh beförderte er die Entwicklungen für generative Kunst und computergestütztes Design für kommerzielle Anwendungen im Web2 und Web3. Maeda ist erster Empfänger des National Design Award des Weißen Hauses für algorithmisch generierte Visualisierungen auf der Grundlage von Daten und KI. Derzeit ist er als Vizepräsident für Design und künstliche Intelligenz bei Microsoft tätig, und als Buchautor, Online-Influencer und Investor in verschiedene Startups aktiv. Zuvor war Maeda u. a. als Chief Technology Officer von Everbridge, Vorstand von Sonos und Leiter der Datenvisualisierung im MIT Media Lab tätig.
Mit Veröffentlichungen, Interviews oder Vorträgen ist er unter anderem bei Wall Street Journal, New York Times, TED, BBC, CNN, The Economist, Forbes, USA Today präsent. Zu seinen Auszeichnungen gehören u. a. drei Ehrendoktorwürden, TIME Best Twitter 140, White House National Design Award und Tribeca Film Festival Disruptor Award.
Hartmut Esslinger gilt als einer der einflussreichsten Industriedesigner weltweit, der 1969 zusammen mit seiner Partnerin Patricia Roller mit frog design die erste globale Designagentur mit heute weit über 30 Standorten gegründet hat. Er war der erste Designer, der bedienerfreundliches und ansprechendes High-Touch-Design in die Welt der digitalen Kommunikations- und Medientechnologie brachte. Nach ersten Erfolgen mit WEGA verhalf er mit frog design und seinen hunderten von kreativen Mitstreitern Unternehmen wie Louis Vuitton, Sony und SAP zu globaler Prominenz. Seine Zusammenarbeit mit Steve Jobs ab 1982 stellte die Weichen zu Apples Welterfolg und war Beginn einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit Design in den USA. Im Jahr 2017 erhielt er die World Design Medal als einflussreichster Designer während der 60-jährigen Geschichte der World Design Organization. Mit dem Rat für Formgebung verbindet Esslinger eine lange Geschichte – er gewann 1969 den erstmals ausgelobten Designpreis "Gute Form" der Bundesrepublik Deutschland. 2013 wurde er mit der Personality-Auszeichnung des German Design Award geehrt.
Francesca Bria ist Präsidentin des italienischen Nationalen Innovationsfonds und Mitglied des Verwaltungsrats der italienischen öffentlich-rechtlichen Medienanstalt RAI. Sie ist Honorarprofessorin am Institute for Innovation and Public Purpose an der University College London und gehört dem hochrangigen Round Table für das New Euopean Bauhaus an, der von der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eingerichtet wurde, um den Green Deal der EU zu beschleunigen.
Weitere Redner werden in Kürze bekannt gegeben.
Der Rat für Formgebung agiert seit 1953 als weltweit tätige Stiftung für Kommunikations- und Wissenstransfer im Bereich Design, Marke und Innovation. Mit internationalen Angeboten, Nachwuchsförderungen und Mitgliedschaften ist er Teil der globalen Design-Community und trägt jeher dazu bei, Austausch und Netzwerke weltweit zu etablieren. Durch Events, Kongresse, Awards, Jurysitzungen und Expertenkreise vernetzt der Rat für Formgebung seine Mitglieder und zahlreiche weitere internationale Design- und Markenexperten, fördert den Diskurs und liefert wichtige Impulse für die globale Wirtschaft. Seinem Mitgliederkreis gehören aktuell mehr als 350 Mitglieder an.
Genehmigungsurkunde zur Errichtung der "Stiftung zur Förderung der Formgestaltung". (1953) Foto: Rat für Formgebung
Bereits ab 1948 gibt es Bestrebungen seitens des Deutschen Werkbunds, einen Rat für Formgebung zu konstituieren. Er soll die "Gute Form" der Produkte aus Handwerk und Industrie fördern. Stärkstes Argument für die Gründung einer solchen "Stiftung zur Förderung der Formgestaltung" ist die New Yorker Exportmesse 1949: Die deutschen Produktbeiträge erhalten hier so schlechte Kritiken, dass der Deutsche Bundestag dringenden Handlungsbedarf sieht. Daher beschließt er 1951, den unabhängigen Rat für Formgebung zu bilden. Dies setzen der Bundesverband der Deutschen Industrie und einige führende Firmen 1953 um und gründen den Rat für Formgebung als Stiftung mit öffentlichem Auftrag. Seine Mission: Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu fördern und für die Verbraucher die bestmögliche Designqualität deutscher Erzeugnisse sicherzustellen.
Der Rat für Formgebung gehört heute zu den wichtigsten Institutionen weltweit, die sich der Kommunikation und dem Wissenstransfer von Design verschrieben haben. Seine zentrale Aufgabe ist es, die deutsche Wirtschaft bei der Implementierung von Design als Erfolgsfaktor zu unterstützen und Design kulturell in der Gesellschaft zu verankern. Diese vielgestaltigen Ziele werden auf unterschiedliche Weise und mit diversen Instrumenten verfolgt. Der Rat für Formgebung berät Unternehmen, richtet Wettbewerbe und Ausstellungen zur stärkeren Sichtbarkeit von Design aus, fördert Designer und Designtalente, gestaltet Formate zur Wissensvermittlung und initiiert Forschungsvorhaben. Er setzt sich für einen aktiven Austausch zwischen Wirtschaft und Kultur ein, zwischen Medien und Politik, Unternehmern und Gestaltern sowie zwischen Lehre, Forschung und Praxis.
Nachdem der Rat für Formgebung 1953 vom Bundesverband der Deutschen Industrie und einigen der seinerzeit führenden Unternehmen der deutschen Industrie gegründet wurde, sind heute rund 350 designorientierte Unternehmen in der Stiftung Rat für Formgebung organisiert. Die Mitglieder stammen aus unterschiedlichen Bereichen der Industrie. Allen gemeinsam ist die Überzeugung, dass Design relevant für den Unternehmenserfolg ist. Die Stifterversammlung wählt aus ihren Reihen das 12-köpfige Präsidium des Rat für Formgebung.
X. Triennale Mailand 1954. Deutsche Abteilung. Fotografie: Eberhard Tröger. Quelle: Historisches Fotoarchiv Rat für Formgebung.
Das Zusammenspiel von Design und Wirtschaft wurde von Anfang an gefördert: Philipp Rosenthal präsentiert den Preisträger des Rosenthal-Studio-Preises 1966 für den Bofinger-Stuhl von Helmut Bätzner. Links zu sehen ist Walter Gropius, am rechten Bildrand Ludwig Erhard. Fotografie: Rosenthal. Quelle: Archiv Beate Reichel.
Jurierung des Bundespreis "Gute Form“ 1982 unter dem Thema "Glas – Ästhetik und Technik im Wohnbereich. Design zum Erleben und Nutzen“ im Kongresszentrum Darmstadt. Foto: Wilfried Hesse / Archiv des Rat für Formgebung
Bundespräsident Dr. Karl Carstens im Gespräch mit dem Präsidenten des Rat für Formgebung Philip Rosenthal während der Präsentation der ausgezeichneten Produkte des Bundespreis "Gute Form“ 1982 im Internationalen Design Zentrum (IDZ) Berlin. Im Hintergrund ist Herbert Ohl, der Fachliche Leiter des Rat für Formgebung, zu sehen. Foto: Foto Kessler, Berlin / Archiv des Rat für Formgebung
2017 schreibt der Rat für Formgebung zum ersten Mal den internationalen Nachwuchswettbewerb "ein&zwanzig“ (heute: "one&twenty“) aus. Die Ausstellung der 21 ausgezeichneten Projekte und Produkte findet anlässlich des Salone del Mobile in Mailand statt und wird vom Studio Besau-Marguerre gestaltet. Foto: Rat für Formgebung / Daniel Banner
Im April 2022 schließen sich die Initiative "German Design Graduates“ und die Stiftung Rat für Formgebung zusammen, die Stiftung übernimmt die Projektträgerschaft. Ziel ist die Förderung von Absolventen aus Produkt- und Industriedesign und eine engere Zusammenarbeit mit staatlich anerkannten deutschen Hochschulen sowie die Vernetzung mit Unternehmen. Das Bild zeigt die German Design Graduates 2022 am Tag der Ausstellungseröffnung im Kunstgewerbemuseum Dresden. Foto: Rat für Formgebung / Oliver Killig
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