30.04.2024

Wegnehmen statt addieren

Fotos: Moritz Bernoully

Frankenberg ist eine nordhessische Kleinstadt in der Nähe von Marburg mit einem historischen Stadtkern. Unweit der Altstadt dient die Ederberglandhalle aus den 1980er-Jahren als Veranstaltungs- und Tagungszentrum für die gesamte Region. Das Backsteingebäude mit L-förmigem Grundriss und Pultdach im Besitz der Stadt Frankenberg war in die Jahre gekommen und wurde deshalb unter Federführung von Ian Shaw Architekten in den vergangenen zwei Jahren revitalisiert. Nach gut zweijähriger Revitalisierung ist die Halle Mitte 2023 unter dem neuen Namen Philipp Soldan Forum feierlich wiedereröffnet worden. Die Sanierung haben Ian Shaw Architekten vollumfänglich betreut – vom Entwurf über die Baugenehmigung und Detailplanung bis hin zur Bauaufsicht und Kostenkontrolle.

Das erneuerte Philipp Soldan Forum präsentiert sich einladend, hell und zeitgemäß, zudem rundum energetisch saniert und barrierefrei. Grundlegender Ansatz von Ian Shaw Architekten war es, die Vorzüge des Bestandes herauszuarbeiten und gleichzeitig die Mängel wie die Dunkelheit und die verbaute Szenerie in den Innenräumen zu beheben. Wegnehmen anstelle addieren war die Maxime. Die Akustik für Sprech- wie auch Musikaufführungen ist auf ein hohes Niveau gebracht worden, welches führenden Konzerthäusern gleicht. Im Sinne der Nachhaltigkeit und Zeitlosigkeit wurden wenige, hochwertige und natürliche Materialien sowie eine reduzierte Farbpalette verwendet.

Betritt man das Gebäude gelangt man in das zentrale Foyer, von dem aus die drei Säle offen erreichbar sind, so dass der Eindruck eines großen, erhabenen Raumes entsteht.


Die Raumaufteilung wurde beibehalten: Die Haupthalle kann mit den beiden Nebenhallen durch akustisch wirksame Schiebewände zusammengeschaltet oder als drei voneinander getrennte Säle genutzt werden. Insgesamt bietet die Halle mit 4.848 qm 750 Sitz- und 2.000 Stehplätze. Wesentliche Maßnahmen waren der Rückbau der Empore in der Haupthalle, so dass heute die volle Raumhöhe von zehn Metern genutzt werden kann, sowie die Integration von Oberlichtern, die heute den zuvor recht dunklen Innenraum erhellen.

Eine aufwendig gezimmerte und akustisch wirksame Holzdecke in der Haupthalle mit eingelassenen LED-Leuchten und integrierter Lüftung verbindet schwungvolle und wie schwebend die Säle. Die Fugen in der Decke sind so präzise gestaltet, dass sie Beleuchtung, Akustik- und Klimaanlage ausgewogen aufnehmen. Oberhalb des Hauptsaals und im Untergeschoss sind insgesamt vier neue Besprechungsräume geschaffen worden. Energetisch wurde das Gebäude auf den neusten Stand gebracht. So wurde es neu mit Mineralwolle gedämmt und wird mit Fernwärme beheizt.

Alle Fenster, Sanitäranlagen, Decken, Wände, Böden, Dachflächen sowie die gesamte Haustechnik und Akustik wurden erneuert. Ziel war es insgesamt, die zahlreichen technischen Anlagen so in das Design zu integrieren, dass sie nicht auffallen. Viele Spezialanfertigungen bestimmen das Interieur: So wurde die Decken-Beleuchtung individuell angefertigt, der Tresen und die Garderobenmöbel sind eigens für das Philipp Soldan Forum gestaltet. Ian Shaw Architekten haben außerdem einen akustisch wirksamen Tisch entworfen, den der in Frankenberg ansässigen Möbelhersteller Thonet hergestellt hat. Der runde, von allen Seiten zugängliche Empfangstresen, der auch als Ticketschalter fungiert, zeigt die Silhouette Frankenbergs durch LED Streifen. Der Boden nimmt eine Induktionsschaltung zur Unterstützung von Hörgeschädigten auf.

Durch hochwertige Materialien und fein abgestimmte Farben entsteht eine dezente und elegante Atmosphäre. Die Rahmen der neuen bodentiefen Fenster aus Eiche wurden pigmentiert, um sie mit dem neuen Eichenboden mit Fußbodenheizung zu harmonisieren. Nach außen hin zeigen sich die Fensterrahmen bronzefarben eloxiert und ergeben in Kombination zu der Backstein-Fassade ein harmonisches Erscheinungsbild.

Projektdaten


  • Projekt: Philipp Soldan Forum

  • Ort: Frankenberg (Eder)

  • Auftraggeber: Stadt Frankenberg (Eder)

  • Architektur: Ian Shaw Architekten (Ian Shaw, Mitarbeit: Moritz Powik, Tizian Borzaga)

  • Budget: 9.400.000 Euro

  • Bauzeit und Fertigstellung: 2021 bis März 2023

  • Statik: Statik Nolte Tragwerksplanung

  • TGA: Harald Hilbert

  • Akustik: Vladimir Szynajowski, s-acoustics


www.shaw-architekten.de

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