27.01.2020

AW Designer des Jahres 2020

Foto: Mark Cocksedge

Das Londoner Designstudio Raw-Edges wurde für seinen spielerischen und experimentellen Designansatz ausgezeichnet.

Die Jury des Awards AW Designer des Jahres begründet ihre Wahl wie folgt: "Der Aufwand, der hinter einzelnen Objekten und Techniken steckt, ist kaum zu ermessen. Bei dem spielerischen Aspekt in ihrem Werk verhält es sich wie bei einem guten Witz: Es kostet eine Menge Arbeit, bis die Pointe zündet. Dabei fällt auf, dass zu jedem einzelnen Objekt auch eine innige Beziehung besteht. Das hat uns beeindruckt."

Fotos: Raw-Edges

Die jungen Israelis Yael Mer und Shay Alkalay, die das Studio Raw-Edges 2009 gegründet haben, gesellen sich damit zu Designgrößen wie Achille Castiglioni, Philippe Starck, Konstantin Grcic, Alessandro Mendini und Nendo, denen neben weiteren der vor 24 Jahren ins Leben gerufene Award verliehen wurden. Teil des Awards ist eine exklusive Ausstellung (Fotos oben), die von den Preisträgern selbst inszeniert wird. Die Preisverleihung findet traditionell zum Auftakt der imm cologne 2020 im Rahmen einer festlichen Vernissage im Kölner 25hours Hotel "The Circle" statt.

Über Raw-Edges


Yael Mer und Shay Alkalay haben viel gemeinsam. Beide sind 1976 in Tel Aviv geboren und haben in Jerusalem studiert, wo sie sich kennen und lieben lernten. Unabhängig voneinander wurden sie in der Masterclass von Ron Arad am Royal Collage of Art (RCA) in London angenommen, brachen zusammen zu einem Workshop in China auf und stellten spätestens dort fest, dass es zwischen ihnen nicht nur auf der persönlichen Ebene, sondern auch innerhalb des Arbeitsprozesses sehr harmonisch zugeht.


Der Name "Raw-Edges" entstand bei dem gemeinsamen Projekt in China. "Wir sollten für die Firma Knirps neue Produkte entwerfen", erzählt Yael Mer, "und immer wieder haben wir die Handwerker aufgefordert, die Kanten der Schirme und Taschen nicht ordentlich zu vernähen, sondern eher unbearbeitet, ursprünglich, individuell zu belassen." Auf Englisch heißen unbehandelte Kanten "raw edges". Die Arbeiter verstanden ihr Ansinnen nicht – aber Yael und Shay hatten ihren Studionamen. Den Durchbruch brachte ihnen 2009 der Schubladenschrank "Stack". Das Besondere: Das Möbel besteht nur aus Schubladen, einen Rahmen oder ein Gestell braucht es nicht und so erinnert es eher an eine Skulptur als an einen Schrank. Produziert wird das heute in zahlreichen farbenfrohen Varianten erhältliche Möbel von Established & Sons.

Auf der ganzen Welt sichtbar wurden sie nicht zuletzt auch durch ihr buntes Fischgrätparkett, welches in 40 von Stella McCartneys Modetempeln weltweit zu sehen ist. Der von Yael Mer entworfene und von Giulio Cappellini produzierter Hocker "Tailored Wood" sowie der Schubladenschrank "Stack" sind heute im Museum of Modern Art (MoMa) in New York zu sehen.
Die Art, wie Raw-Edges an die Arbeit gehen, ist einzigartig, ihr Studio eine Mischung aus Labor und Spielplatz. Farben, Muster und Bewegung bilden einen großen Teil der DNA von Raw-Edges ebenso wie ihre kindliche Freude an neuen Techniken, Materialien und Funktionen. "Das Wichtigste ist, dass uns unsere Entwürfe immer wieder selbst überraschen", erklärt Yael Mer.
Die Liste der Kunden ist umfangreich, die Namen sind groß. Kvadrat, Moroso, Vitra und viele weitere produzieren heute die charakteristischen Entwürfe von Raw-Edges. Eine ausdauernde Partnerschaft pflegen die Designer auch mit Louis Vuitton. Für deren Projekt "Objets Nomades" haben sie zuletzt den zusammenfaltbaren "Concertina Chair" konstruiert.

Der "Kaldewei Future Award by AW"


Zum Award "AW Designer des Jahres" gehört auch, dass der aktuelle Preisträger einen Jungdesigner für den "Kaldewei Future Award by AW" auswählt. In diesem Jahr wurde das Designduo "The New Raw" aus Rotterdam von den aktuellen Preisträgern Raw-Edges ausgewählt.

Panos Sakkas und Foteini Setaki, die hinter „The New Raw" stecken verstehen sich als Design- und Forschungsstudio. Die beiden Architekten legen seit den Anfängen im Jahr 2015 den Fokus auf das Recycling von Kunststoffabfällen mit Hilfe des 3D-Drucks. Ihr Ziel ist es, Materialkreisläufe zu schließen und die lokale Produktion zu stärken. Besonders die Vermüllung der Meere und Städte hat sie zu beeindruckenden Projekten inspiriert, die zu wirkungsvollen Designlösungen aus Kunststoffabfällen geführt haben. Zwei ihrer erfolgreichsten Projekte machten unter den Namen "Second Nature" und "Print Your City" von sich reden. In Zusammenarbeit mit lokalen Tauchern und Fischern an der griechischen Küste sammelten sie für "Second Nature" frei herumtreibende Fischernetze ein, um aus ihnen in einem mobile 3D-Druck- und Recyclinglabor bunte Schüsseln und Schalen sowie muschelförmige Designobjekte herzustellen.

In ihrem neuesten Projekt "Print Your City" (siehe InteriorFashion 2|2019, S. 50) geht es darum, mithilfe des 3D-Drucks den städtischen öffentlichen Raum neu zu gestalten: Im Zero Waste Lab in Thessaloniki konnten die Stadtbewohner ihre Kunststoffabfälle recyceln und in Stadtmobiliar verwandeln lassen. Die Arbeit des Studios für verschiedene Design- und Innovationspreise nominiert, wie z. B. für die Fast Company World Changing Ideas, den Plastic Recycling Award oder die Dezeen Awards.


www.raw-edges.com | www.thenewraw.org

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