05.05.2022

Unter Glas

Fotos: Tsing Lim / Agent Pay

Das international tätige Architekturbüro Lissoni Casal Ribeiro aus Mailand hat das Shangri-La Hotel im Shougang Park in Peking fertiggestellt. Das 5-Sterne Luxushotel liegt in einem umgenutzten Industriegebiet, das im Rahmen der Olympischen Winterspiele in Peking eingeweiht wurde und in unmittelbarer Nachbarschaft eine Reihe von Sportstätten beherbergt.

Der Hotelkomplex befindet sich 20 Kilometer westlich der Verbotenen Stadt und besteht aus zwei miteinander verbundenen Gebäuden mit insgesamt 54.000 qm BGF. Das Hauptgebäude bietet vielfältige gastronomische Angebote, einen großen Spa sowie Gemeinschaftsbereiche. Die 282 Zimmer sind auf vier kleinere angrenzende Gebäude aufgeteilt. Lissoni Casal Ribeiro zeichnen sowohl für die Architektur als auch die Innenraumgestaltung, die Wegeführung sowie die außen- und innenliegenden Grünflächen verantwortlich.

Das industriekulturelle Erbe des Ortes ist integraler Ausgangspunkt für die Designhaltung von Piero Lissoni und den Projektmanagern Miguel Casal Ribeiro (Architektur) und Tania Zaneboni (Interior Design). Im Hauptgebäude konnte das Tragwerk der alten, langgestreckten Industriehalle erhalten bleiben. Der konstruktive Kern des Baus – das Skelett aus Stahl- und Stahlbetonträgern – wurde freigelegt und ausgestellt. Eine neue großflächige Glasfassade umhüllt die gesamte bestehende Struktur. Die Wahl von Sonnenschutzglas mit einer Opazität von 30% ermöglicht die Nutzung der Sonnenwärme an Wintertagen, während steuerbare Fenster im oberen Bereich eine passive Belüftung im Sommer ermöglichen. Dadurch können Lichteinfall und Temperatur im Inneren energieeffizient gesteuert werden.

Zugleich dient das 20 Meter hohe, offene Atrium als Wintergarten in spektakulärer Industriekulisse. Es funktioniert als überdachte Plaza, die sich mit mehreren Restaurants und Bars zum Stadtraum öffnet. Große Tische und locker separierte Bereiche mit Stühlen, Sesseln und Sofas machen den Raum zu einem neuen Treffpunkt für das Viertel. Das in einem Zwischengeschoss in einer Holzstruktur eingehängte "Nest" bietet mit seinen reduzierten Dimensionen die Möglichkeit für private Veranstaltungen.

 


 


Die Möbel sind fast ausnahmslos maßgefertigt und nach dem Entwurf von Lissoni Casal Ribeiro in China produziert. Die Bepflanzung im Inneren geht ebenfalls auf das Konzept von Lissoni Casal Ribeiro zurück. Mit üppigem Grün überwuchert die Natur teils die Architektur und erobert sich den Raum zurück. Ein großes Wasserbecken, über dem Plattformen und eine kleine Brücke errichtet sind, bietet zusätzliche Wohlfühlatmosphäre.


Die große Wendeltreppe ist ganz in Rot gehalten. Rot ist eine Referenz Gleichzeitig ist es eine kräftige Farbe, die die industriellen Elemente im Kontrast noch besser zur Geltung bringt. Das Architekturelement ausladender Treppen ist ein Markenzeichen von Piero Lissoni und findet sich auch in seinem Mamilla Hotel in Jerusalem oder im Conservatorium Hotel in Amsterdam.


Kontrastiert werden diese mit einer minimalistischen Eleganz, in der sich edles Holz und geometrische Klarheit mit einigen opulenten Objekten wie Kronleuchtern und von chinesischer Tradition inspiriertem Porzellan paart. Außerdem finden sind im gesamten Debut Studio kuratierte Kunstinstallationen, die sich ebenfalls von der industriellen Vergangenheit inspiriert zeigen.

 


So entsteht die besondere Aura von zeitgenössischem Luxus, für die Architekt und Designer Piero Lissoni bekannt ist.


Piero Lissoni: "Die Seele des Ortes – seine historischen Schichten, seine Dimensionen sowie die unglaubliche Schönheit der rohen und soliden Struktur – war der Ausgangspunkt für unseren Entwurf. Unser Ziel war, das Industriegebäude in die Stadt zu integrieren und es in etwas Zeitgemäßes zu verwandeln."

Das Hauptgebäude wird durch ein Neubauvolumen ergänzt, das sich direkt an den Bestand anschmiegt und die Dimensionen der Industriehalle aufnimmt. Hier finden Veranstaltungsräume sowie ein großer Wellnessbereich mit Pool und Fitnessraum Platz. Die insgesamt 282 Zimmer und Suiten sind auf vier kleinere Gebäude verteilt, um das Areal aufzulockern und der Freiraumgestaltung mehr Raum zu geben. Die Wohngebäude sind über eine Brücke mit dem Hauptgebäude verbunden.

Die Fassaden der Neubauten sind dreigliedrig gestaltet: Das Sockelgeschoss bietet unter einem auskragenden Vordach mehrere Terrassen; die Hauptfassaden sind mit schwarzen Keramikziegeln verkleidet, die hervorragende Wärme- und Lüftungseigenschaften aufweisen. Die großen Wandflächen werden durch Fensterbänder und vertikale Öffnungen mit vorgestellter Lamellenstruktur gegliedert. Den oberen Abschluss bildet die Dachzone mit Terrasse. Auch in dem Bereich des Wohnens spielen in der Architektur technische Elemente wie große Lüftungsrohre und die erhaltenen Schornsteine auf den genius loci an.

Im Innenraum sind die Bezüge zur Industriearchitektur aber insgesamt zurückgenommen – im Fokus steht ein Maximum an Komfort. Für die Wohnräume kamen Möbelobjekte von Living Divani, Gubi und Stellar Works zum Einsatz. Hier herrschen gedämpfte Töne und warme Materialien vor, Details wie die auf Wänden angebrachte Muster oder Bildmotive knüpfen an chinesische Kunst- und Handwerkstraditionen an.


Das 2018 begonnene Projekt konnte trotz der Covid-19 Pandemie und den sehr strengen Einreisebestimmungen nach China planmäßig im Rahmen der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking eröffnet werden.


www.lissoniandpartners.com