31.05.2021

Visionär wohnen

Familie Schärer erneuert ihren ehemaligen Familiensitz und macht daraus ein Gästehaus der Firma USM.

An einem Steilhang oberhalb des Firmengeländes des Schweizer Unternehmens USM, mit Blick auf die Aare-Ebene und die Alpen, trohnt seit 1969 ein einzigartiges Wohnhaus von großer architekturhistorischer Wichtigkeit. Nun hat die Familie Schärer ihren ehemaligen Familiensitz einer akribischen Gesamterneuerung unterzogen – unter Beibehaltung der originalen Konstruktionsprinzipien und des Erscheinungsbildes und nach strengsten Auflagen des Denkmalschutzes. Die Arbeiten sind soeben abgeschlossen worden. Neu fungiert "das Buchli" als Haus für Gäste der Firma USM.

Das Haus Schärer, nach dem Flurnamen kurz das "Buchli" genannt, wurde 1968 von Paul Schärer, damals Juniorchef von USM, beauftragt. Realisiert hat es der Architekt Fritz Haller (1924 – 2012), Pionier des modularen Bauens und einer der einflussreichsten Schweizer Architekten der Nachkriegszeit.
Als sich der Ingenieur Paul Schärer (r.) und der Architekt und Forscher Fritz Haller (l.) in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts begegneten, wurde in der Schweiz ein neues Kapitel Architektur- und Designgeschichte geschrieben. Aus dieser Verbindung sind drei Stahlbausysteme zur Fertigung hochflexibler Industrie- und Gewerbebauten nach den Ansprüchen der Zeit und vor dem Hintergrund des Fortschritt- und Technikglaubens der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden. Ebenso entstand das heute als Designklassiker weltbekannte Möbelbausystem USM Haller.

Foto: gta Archiv / ETH Zürich, Fritz Haller

Als Prototyp für ein neues „Wohnen mit System" wurde das Haus Schärer als erstes Wohnhaus – nur drei weitere folgten schweizweit – mit dem Stahlbausystem "USM Haller Mini" realisiert.
Damit trat Paul Schärer den Tatbeweis an, nicht nur die Fabrik und das Büro, sondern auch das Leben seiner Familie in der damals in jeder Hinsicht neuartigen Bauweise von Fritz Haller zu führen. Neu hieß: In eine Stahlkonstruktion aus modularen Elementen mit Füllungen aus Glas ohne herkömmliche Einteilung in Wohn- und Schlafbereich, ohne Zimmer mit Türen, ohne öffenbare Fenster einzuziehen. Ein Grundriss, der im strengen Rastersystem mit versetzbaren Wänden jederzeit hätte verändert werden können. Was heute angesichts der Bandbreite an Wohn- und Lebensformen vielleicht als wenig aufregend erscheinen mag, war anfangs der 1970er-Jahre ein Sprung ins kalte Wasser.
Das Wohnhaus Schärer verdeutlicht den radikalen Wandel der sozialen und architektonischen Ideale der Nachkriegszeit. Das Familienleben spielte sich auf der 12 x 14,4 m großen aufgestelzten Plattform mit zwei vorgelagerten Terrassen, minimalen Schlafkojen und zwei kleinen Nasszellen ab. Der Raum bietet kaum Privatsphäre, ist nach innen und außen offen und durchlässig.

Foto: Maris Mezulis

Nach einer akribischen Gesamterneuerung den strengsten Auflagen des Denkmalschutzes folgend, fungiert das ehemalige Wohnhaus nun als Guesthouse – als temporäre Unterkunft für Gäste der Firma USM – und reiht sich damit in deren Hospitality-Konzept ein. 2016 wurde die ehemalige Schlosserwerkstatt der ersten Generation des Familienunternehmens USM durch das Atelier Oï in die "Kochwerkstatt" transformiert. Im hundertjährigen Mutterhaus verwöhnen Urs Hauri und Christian Thierstein mit einer hochstehenden Küche aus vorwiegend regionalen und saisonalen Zutaten öffentliche und private Gäste und bieten Kochkurse an. Die Kochwerkstatt ist es auch, die für das leibliche Wohl der Übernachtungsgäste im Buchli sorgen wird.


Aus Anlass der Fertigstellung des Guesthouse erscheint die digitale Publikation www.buchli.usm.com, die mit einer ausführlichen Fotodokumentation und vertiefenden Artikeln die Geschichte dieses Hauses und seiner Initianten erzählt.


www.usm.com

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