12.07.2018

Zwischen Realität und Illusion

2017 inszenierte Heilight die Düsseldorfer Nachtresidenz. Fotos: Heilight

Die künstlerische Rauminszenierung ist das Spezialgebiet von Siegbert Heil, Holger Weddige und Bayram Avucu, die vor über 15 Jahren das Unternehmen Heilight gründeten. Von surrealen Clubgestaltungen über Kunstprojekte in Kirchen bis hin zum "Make-Up" für Hotels – so unterschiedlich die Projekte auch sein mögen, im Fokus der Planung steht bei Heilight immer die Inszenierung. Mit den kreativen Leitern Siegbert Heil und Holger Weddige sprach Cornelia Gross über die Grenzen von Inszenierung, neue Techniken und den Hang zur Kunst.

IF: Wie kam es zur Gründung von Heilight?
Holger Weddige: Siegbert Heil hat sich schon vor vielen Jahren mit dem Thema Clubgestaltung befasst. Er hatte damals mit Bayram Avucu, einem der damaligen Inhaber vom Club Tribehouse in Neuss, ein neues Dekorationskonzept für den Club entworfen. Im Jahr 1999 haben die beiden den Entschluss gefasst, ein eigenes Unternehmen – die Firma Gestaltungsangelegenheiten – zu gründen. Zu dieser Zeit hatte ich als Art Director in Frankfurt gearbeitet und Siegbert bei verschiedenen Projektarbeiten kennengelernt. Und auch bei den Projekten von Gestaltungsangelegenheiten war ich immer häufiger involviert. So bin ich im Jahr 2002 von Frankfurt nach Neuss gezogen, in die Firma eingestiegen und wir haben den kurzen und aussagekräftigen Namen Heilight gefunden.

Bayram Avucu
Holger Weddige
Siegbert Heil

IF: Wofür steht das Unternehmen Heilight?
Weddige: Wir sind ein extrem breit aufgestelltes und vielseitiges Unternehmen. Das macht eine kurze und einfache Beschreibung natürlich schwer. Aber unsere Ursprünge liegen zum einen im Club- und Event-Bereich. Zum anderen haben wir unsere Wurzeln in der Einrichtung. Also eine bunte, breit gefächerte Mischung. Und das macht uns auch aus.


IF: Wie können wir uns Ihr Team vorstellen? Eine ebenso bunte Mischung aus allen Bereichen?
Weddige: Ganz genau! Bayram Avucu bringt das Gastronomie-Wissen mit, ich dagegen habe den Bezug zur Produktpräsentation und zur Industrie. Siegbert Heil ist unser "Inszenator". Er hat schon immer den besonderen Blick für Inszenierungen gehabt. Insgesamt sind wir ein 20-köpfiges Team aus "Alleskönnern" und Quereinsteigern. Natürlich haben wir auch klassische Planer mit dabei, die aber in der Projektplanung ebenso aktiv sind wie in der Grafik. Bei uns geht irgendwie keiner nur seinem erlernten Beruf nach – vielmehr macht jeder alles. Unsere Produktdesignerin plant momentan z. B. eine Hotelkette. Die Grenzen verwischen also sehr stark.

IF: Das hat doch bestimmt einen positiven Einfluss auf die Kreativität und Ihre Konzepte?
Weddige: Natürlich! Das macht unsere Ergebnisse besonders spannend! Und dank der Computerprogramme, die heute so vieles können, entwickelt auch mal ein Grafiker ein Raumkonzept. Solange er das Gefühl dafür hat, setzen wir da keine Grenzen. Klar gibt es Grundlagen, die ein Architekt beherrscht und die ein Grafiker durch seine Lehre eben nicht hat. Aber hier ergänzen wir uns alle gegenseitig und schöpfen auch vom Know-how des anderen.


IF: In welchen Bereichen sind Sie aktiv?
Weddige: Unsere absolute Stärke sind Rauminszenierungen – das ist unsere Basis und das zieht sich bis heute durch. Ob es jetzt ein Club ist, den wir gestalten, ein Shop oder ein Event – wir arbeiten immer mit dem Raum. Und dabei spielt natürlich das Licht eine entscheidende Rolle. Wir würden uns jetzt nicht als klassischen Lichtdesigner bezeichnen, denn es geht eher um die Inszenierung mit Licht. Wir versuchen aber immer, die Beleuchtung passend zu den Anforderungen zu planen – im Retail-Bereich müssen wir also die Produkte inszenieren und den psychologischen Aufbau des Raumes beachten. Im Club dagegen können wir freier agieren, müssen aber dennoch eine passende Stimmung erschaffen, die zur jeweiligen Zielgruppe und zur Musik passt.

IF: Passierte es denn auch, dass Sie für bestehende Raumkonzepte die Lichtinszenierung planen müssen? Oder lassen Ihnen die Kunden freie Hand bei Raum- und Lichtkonzeption?
Siegbert Heil: Meistens wollen die Kunden Gesamtkonzepte von uns. Sie haben ein Bedürfnis oder ein Produkt, und wir überlegen uns, wie wir am besten den Auftrag erfüllen können. Dann erst machen wir uns Gedanken, welches Medium wir dazu nutzen können. Ob das dann eine Wandmalerei, die ganze Raumgestaltung, Möbelbau oder die Lichtinszenierung ist, stellt sich erst im nächsten Schritt heraus. Ganz selten kommt jemand, der gezielt eine Lichtinszenierung anfragt.


IF: Es steht also nicht der Raum oder das Licht im Vordergrund?
Heil: Nein, es ist eher das Zusammenspiel aus beiden! Aber es ist schon so, dass wir uns immer dem Raum anpassen müssen.


IF: Sie haben ja auch schon zahlreiche Kunstinstallationen geplant. Wie unterscheidet sich die Herangehensweise an ein Kunstprojekt im Vergleich zu einem „klassischen" Auftrag?
Heil: Bei einem Club haben wir z. B. immer Anforderungen, die wir erfüllen müssen. Der Besitzer will meistens einen anderen Stil und ein neues Lichtkonzept. Somit arbeiten wir hier immer auf ein Ziel hin. Bei der künstlerischen Gestaltung gehen wir in uns und sind natürlich viel freier in der Umsetzung. Wir sehen uns die Location an, begutachten also erst einmal, welcher Raum uns zur Verfügung steht und überlegen dann, wie das am besten inszeniert werden kann. Es geht dabei also auch immer um die Inszenierung.

IF: Was hat Sie in die Kunstszene gebracht? Das ist ja doch eine ganz andere Branche.
Heil: Eigentlich haben wir von Anfang an einen künstlerischen Anspruch bei unserer Arbeit verfolgt. Unsere Clubinszenierungen aus der Vergangenheit waren allesamt sehr künstlerisch geprägt und vor allem sehr idealistisch. Damals sind schon Agenturen auf uns zugekommen, die für besondere Events oder Produktpräsentationen eine Lichtinszenierung von uns wollten. Der kommerzielle Anspruch kam eigentlich erst im Laufe der Zeit – natürlich auch durch die Gründung der Firma, die ja überleben muss. Das Künstlerische haben wir aber schon immer mitgetragen.


IF: Das fällt einem bei der Betrachtung Ihrer Projekte auch deutlich auf. Manchmal wirken die Konzepte fast wie Filmsets – wie eine Welt zwischen Realität und Illusion ...
Weddige: Ja, richtig! Das spielt eine große Rolle bei uns. Siegbert Heil kommt aus dem Bereich Film, und auch ich erschaffe gerne neue Welten. Wie schon gesagt, bei unserer Arbeit steht immer die Inszenierung im Fokus. Wir sind keine Raumplaner oder Lichtdesigner – wir wollen einen Raum inszenieren.

IF: Haben die enormen Entwicklungen im Bereich Lichttechnik wie LED, Oled oder neue Möglichkeiten wie Videomapping ihre Arbeitsweise verändert?
Weddige: Nein, eigentlich nicht. Das Grundprinzip ist gleich. Natürlich hat man mithilfe von neuer Technik mehr Möglichkeiten. Auch wenn LED-Technik im ersten Moment teuer wirkt, kann man damit viel mehr erreichen. Für einen ähnlichen Effekt hat man früher eine viel aufwendigere Technik gebraucht, die dann insgesamt auch teurer war. Aber das Grundprinzip, also wie ein Raum inszeniert wird, ist immer noch dasselbe. Das Medium hat nur eine technische Auswirkung. Mit Videomapping kann man beispielsweise viel besser auf den Raum eingehen. Aber früher hat man Wände oder Fassaden auch schon mit einem Beamer bespielen können ...

IF: Wie beeinflussen ganz neue Entwicklungen wie das Thema HCL, also circadiane Beleuchtung, ihre Arbeit?
Weddige: Aktuell noch gar nicht. Denn wir arbeiten weniger im Bereich der technischen, pragmatischen Beleuchtung. Nur im Bereich Retail, wenn es um die Ausleuchtung von bestimmten Flächen oder Laufwegen geht, aber da arbeiten wir noch konventionell. Wenn die neuen Techniken weiterentwickelt werden, ausgereifter sind und dann auch bezahlbar werden, wird das Thema auch für uns interessanter.


IF: An welchen Projekten arbeiten Sie momentan?
Weddige: Ein aktuell sehr spannendes Projekt ist ein "Make-Up"-Konzept für eine Hotelkette. "Make-Up" heißt in diesem Fall, dass wir auf eine leichte und schnelle Art und Weise etwas umgestalten und keine architektonischen Eingriffe durchführen müssen. Dabei geht es in erster Linie um eine spezielle Stimmung, die wir mit Farbe, Beleuchtung und dekorativen Grafiken erzeugen können, und einen Wiedererkennungswert, den heutzutage jedes Konzept braucht.

IF: Bei so einem Projekt müssen Sie ja deutlich reduzierter inszenieren als bei einem Club. Blutet da Ihr kreatives Herz?
Weddige: Selbstverständlich können wir bei einer Clubinszenierung viel mehr spielen und uns gerade beim Thema Licht viel mehr ausleben. Und da wir alle unsere Wurzeln in diesem Bereich haben, schlägt unser Herz auch nach wie vor für diese ausgefallenen Projekte. Trotzdem haben wir genauso viel Spaß an der Gestaltung von Hotels, Res-taurants oder Shops. Ich für meinen Teil mag insbesondere die Retail-Planungen, da man hier auch psychologisch vorgehen muss. Denn alles, was wir im Club oder bei Events gelernt haben, nämlich wann und warum sich Menschen wohlfühlen, kann man hier wunderbar umsetzen. Eine gute Wegeführung und Inszenierung bringt auch ein gutes Einkaufserlebnis, und das ist es, was Menschen heutzutage im Einzelhandel erfahren wollen. Da treffen wir mit unseren Ansätzen und unserer Arbeitsweise genau den Zeitgeist.


IF: Vielen Dank für das sehr interessante Gespräch!

www.heilight.com


Das Interview ist in InteriorFashion 1|2018 erschienen.

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